Landesärztekammer Brandenburg fordert Handyverbot an Schulen
Tobias Dillinger von Medienzeit (Foto: Anastasia Korablev)
Kinder wachsen heute in einer Welt auf, in der digitale Geräte immer dabei sind. Smartphones, Gaming, soziale Netzwerke und kurze Videos bestimmen den Alltag vieler junger Menschen. Die Landesärztekammer Brandenburg (vertritt 16.000 Ärzte in Brandenburg) hat sich in ihrer jüngsten Kammerversammlung intensiv mit dieser Entwicklung beschäftigt und deutlich vor den Folgen einer unkontrollierten Mediennutzung gewarnt.
Den Auftakt machte Tobias Dillinger vom Medienzeit Elternblog mit einem Impulsvortrag, der eindringlich zeigte, was heute auf Kindersmartphones passiert. Er erklärte, wie digitale Räume gebaut sind, warum Kinder dort überfordert werden und welche körperlichen und seelischen Belastungen aus übermäßiger Nutzung entstehen. Anschließend ergänzte der Potsdamer Kinderarzt Dr. Steven Rohbeck die medizinische Perspektive und schilderte Fallbeispiele aus seiner Praxis, die die Entwicklungen sehr klar sichtbar machen. Auch weitere Ärzte aus der Kammer meldeten sich zu Wort und berichteten aus der Praxis von Fällen aus ihrem Alltag.
Die gemeinsame Botschaft ist deutlich. Kinder und Jugendliche stehen gesundheitlichen Risiken gegenüber, die viele Erwachsene unterschätzen. Dazu gehören Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Erschöpfung, veränderte Tagesrhythmen, Bewegungsmangel, Übergewicht, psychischer Druck und Suchtmechanismen.
Diese Warnungen sind keine Theorie. Sie kommen direkt aus Praxen und Kliniken. Ärztinnen und Ärzte beobachten täglich, wie stark digitale Angebote das Verhalten, den Schlaf, den Alltag und die Entwicklung vieler junger Menschen beeinflussen und manchmal auch aus dem Gleichgewicht bringen.
Bild generiert mit Hilfe von KI (ChatGPT/DALL·E, OpenAI)
Was Ärztinnen und Ärzte berichten
Kammerpräsident Frank-Ullrich Schulz beschreibt die Lage klar. Immer mehr Kinder verlieren die Kontrolle über ihre Bildschirmzeit. Viele schlafen zu wenig, rutschen in Abhängigkeiten oder konsumieren Inhalte, die nicht altersgerecht sind. Aus ärztlicher Sicht besteht dringender Handlungsbedarf.
Die Fallbeispiele des Kinderarztes Steven Rohbeck machten in der Versammlung sichtbar, wie die heutige Medienwelt Kinder überfordern kann. Gleichzeitig zeigte der Impuls von Medienzeit, warum diese Risiken strukturell sind. Nicht durch fehlende Erziehung, sondern durch Plattformen, die Aufmerksamkeit binden, Inhalte sehr schnell liefern und Kinder viel stärker beeinflussen, als Erwachsene es oft glauben.
Beide Perspektiven führte zu einem gemeinsamen Ergebnis. Es braucht klare Regeln, Schutzräume und eine breite gesellschaftliche Debatte, die die Realität ernst nimmt.
Was jetzt gefordert wird
Die Landesärztekammer fordert konkrete Schritte, die Kinder entlasten und Familien unterstützen sollen.
Ein klares Handyverbot an Schulen: Die Delegierten sprechen sich für ein flächendeckendes und verbindliches Verbot privater Smartphones an Schulen in Brandenburg aus. Nicht nur im Unterricht, sondern auch in Pausen und auf dem gesamten Schulgelände. Schule soll ein geschützter Lernort sein, frei von Ablenkung und digitalem Druck.
Verbindliche Regeln für Plattformen und Geräte: Kinder brauchen gesetzliche Rahmenbedingungen. Dazu gehören echte Alterskontrollen, die Begrenzung algorithmischer Feeds und ein konsequenter Jugendmedienschutz. Die Ärztinnen und Ärzte sehen die aktuelle Situation als strukturelles Risiko, das Familien allein nicht lösen können.
Breite Aufklärung und echte Unterstützung: Eltern sollen nicht allein gelassen werden. Gefordert werden bundesweite Kampagnen, klare Informationen und Präventionsprogramme in Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen. Prävention muss früh beginnen und für Eltern verständlich sein.
v.l.n.r. Dr. Steven Rohbeck, Kammerpräsident Frank-Ullrich Schulz, Tobias Dillinger (Foto: Anastasia Korablev)
Was das für Eltern bedeutet
Mediennutzung gehört heute zum Alltag. Trotzdem ist es wichtig, genauer hinzuschauen, weil digitale Angebote stärker wirken, als viele denken.
Ärztinnen und Ärzte empfehlen deshalb.
Klare Zeiten, feste Regeln, bildschirmfreie Räume und echte Pausen
Gespräche über Inhalte statt Diskussionen über Minuten
Beobachtung von Schlaf, Stimmung und Verhalten
Echte Alternativen wie Bewegung, Freundschaften, Hobbys
Ein eigenes Vorbild im Umgang mit Geräten
Kinder profitieren am meisten, wenn Erwachsene ihnen Orientierung geben und gemeinsam Wege finden, wie Geräte sinnvoll und sicher genutzt werden können.
Warum dieser Schritt wichtig ist
Es geht nicht um Verbote aus Prinzip. Es geht um Gesundheit. Schlaf. Entwicklung. Aufmerksamkeit. Und darum, Kinder nicht allein in Systeme zu schicken, die für Erwachsene gebaut wurden und deren Mechanismen selbst Erwachsene oft überfordern.
Die Landesärztekammer Brandenburg setzt mit ihrer Entscheidung ein klares Zeichen. Sie fordert, was viele Eltern schon lange erwarten. Klare Regeln, echten Schutz und eine ernsthafte politische Auseinandersetzung mit der Realität unserer Kinder.
Es ist Aufgabe des Staates, Kinder vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen. Auch vor digitalen.
Link zur Pressemeldung: https://www.laekb.de/aktuelles/pressemitteilungen/detail/mediensucht-bei-kindern-und-jugendlichen-laekb-fordert-verbindliche-regeln-und-staerkeren-schutz