CapCut : Euer Kind in einer TikTok-Werbung – und niemand hat euch gefragt
Immer mehr Kinder schneiden ihre TikToks oder Instagram Reels mit CapCut – einer kostenlosen App, die mit wenigen Klicks Videos, Sounds und Effekte kombiniert. Doch mit einer Änderung der Nutzungsbedingungen im Juni 2025 hat sich der Betreiber der App, der TikTok-Konzern ByteDance, weitreichende Rechte gesichert: Gesicht, Stimme und Videos eures Kindes könnten künftig ohne euer Wissen für Werbung verwendet werden.
Bild erstellt mit künstlicher Intelligenz (ChatGPT / DALL·E von OpenAI)
Was ist CapCut – und warum nutzen es so viele Kinder?
CapCut ist eine mobile App zum Bearbeiten von Videos, beliebt bei Millionen junger Nutzer*innen weltweit. Kinder schneiden dort ihre Tanzvideos, Memes oder Kurzclips für TikTok, YouTube Shorts oder Instagram Reels. Die Bedienung ist kinderleicht – und genau das macht die App so populär.
CapCut gehört zur chinesischen Firma ByteDance, die auch TikTok betreibt. Laut data.ai zählte CapCut 2024 zu den Top 10 der meistgeladenen Video-Apps weltweit (Quelle). Auch in deutschen Schulen wird die App täglich genutzt – oft ohne dass Eltern genau wissen, wie weitreichend die Rechteabgabe bei der Nutzung wirklich ist.
Was hat sich am 12. Juni 2025 geändert?
Mit dem letzten Update der Nutzungsbedingungen räumt sich CapCut das Recht ein, alle in der App bearbeiteten Inhalte dauerhaft und weltweit zu nutzen – auch für kommerzielle Zwecke. Das betrifft:
Gesichter und Stimmen
alle hochgeladenen oder bearbeiteten Videos
auch Inhalte, die nicht öffentlich gepostet wurden
Wörtlich erklärt CapCut, man erhalte eine:
„unwiderrufliche, unentgeltliche, unbefristete, vollständig übertragbare, weltweite Lizenz“
zur Nutzung, Bearbeitung, Veröffentlichung und Weiterverbreitung von Nutzerinhalten.
Quelle: CapCut Terms of Service, Juni 2025
Das heißt: Ein in CapCut geschnittenes Video eures Kindes kann theoretisch in einem Werbespot von TikTok, auf fremden Plattformen oder in KI-generierten Inhalten auftauchen – ohne Hinweis, Zustimmung oder Bezahlung.
Was sagt das europäische Datenschutzrecht dazu?
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) schützt persönliche und besonders sensible Daten – darunter fallen Gesicht und Stimme, weil sie als biometrische Daten gelten können.
Zentrale Grundsätze der DSGVO (Artikel 7 & 9):
Biometrische Daten dürfen nur mit ausdrücklicher Einwilligung verarbeitet werden.
Diese Einwilligung muss freiwillig, informiert und jederzeit widerrufbar sein.
Die CapCut-AGB sehen dagegen eine „unwiderrufliche Zustimmung durch Nutzung“ vor – ohne separate Abfrage oder Widerrufsmöglichkeit. Ob das mit europäischem Recht vereinbar ist, wird von Datenschützer*innen bezweifelt.
Quelle: DSGVO Texte – EU-Kommission
Was bedeutet das konkret für euer Kind?
Viele Kinder filmen sich beim Tanzen, Erzählen, Singen oder Spielen – oft ganz unbefangen. Doch ihnen ist meist nicht klar:
Diese Inhalte landen nicht nur auf dem Handy – sondern können vom Betreiber der App beliebig weiterverwendet werden.
Das Tech-Magazin TechRadar schreibt deshalb:
„CapCut ist nicht mehr nur ein Video-Tool – sondern eine Content-Farm.“
(Quelle: TechRadar, Juni 2025)
Was Eltern jetzt tun können
✅ 1. Redet mit euren Kindern
Erklärt, dass CapCut kein rein privates Werkzeug ist. Alles, was in die App geladen wird, kann im schlimmsten Fall weltweit verwendet werden – auch wenn es nie veröffentlicht wurde.
✅ 2. Überlegt euch gemeinsam: Wollen wir das?
Wenn euer Kind CapCut nutzt, trefft die Entscheidung bewusst. Die App ist praktisch – aber der Preis ist hoch: Ihr tretet Rechte an einem Konzern ab, der Inhalte zu Geld machen kann.
Fazit: Was wie ein Werkzeug aussieht, ist ein Datenlieferant
CapCut wirkt harmlos – ist aber Teil eines großen Geschäftsmodells. Inhalte werden nicht nur gespeichert, sondern als kostenloses Rohmaterial für Werbung und andere Plattformen verstanden. Besonders Kinder und Jugendliche sind davon betroffen – und oft ungeschützt.
👉 Unsere Empfehlung:
Löscht die App vom Smartphone eures Kindes und sprecht mit ihm über die Gründe.
Denn kein Kind möchte sein Gesicht, seine Stimme oder seine Ideen in einer Werbung wiederfinden, ohne zu wissen, worum es geht.
Das könnte eine Werbung für ein Produkt sein, das peinlich ist, das man ablehnt – oder sogar etwas, das fragwürdig oder manipulativ ist. Die Entscheidung darüber, wo und wie Kinder sichtbar werden, sollte niemals einem App-Anbieter überlassen werden.
Wenn euer Kind kreativ sein möchte – wunderbar. Aber sucht gemeinsam eine App, die Respekt vor der Privatsphäre hat und nicht stillschweigend alles zur Weiterverwertung freigibt.