Die dunkle Seite der Spielewelten

Acht Gefahren moderner Online-Games – und was du als Elternteil tun kannst

Basierend auf einem Text von Bennett Sippel und Zach Rausch (After Babel, Juli 2025)

Plattformen wie Roblox, Fortnite oder FIFA haben das Spielverhalten von Kindern radikal verändert. Hinter den bunten Avataren und scheinbar harmlosen Welten steckt oft ein System, das gezielt auf Bindung, Geldfluss und Kontrolle ausgelegt ist – nicht auf Sicherheit.

In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf acht konkrete Gefahren, die sich aus der Struktur moderner Games ergeben – und zeigen, wie du dein Kind schützen kannst

Bild erstellt mit DALL·E von OpenAI

Zählmarke

1. Zeitfresser mit Folgen

Viele Kinder zocken mehrere Stunden täglich. Diese Zeit fehlt für Schlaf, Bewegung, echte Freundschaften oder Schule.

Laut Studien:

• 57 % der Jungen (12–18) spielen über 3,5 Stunden täglich

• 10 % der Jungen (8–12) sogar über 4 Stunden

Was du tun kannst: Klare Spielzeiten festlegen, keine Geräte im Kinderzimmer erlauben, Alternativen schaffen (Sport, Hobbys, echte Treffen).

2. Spielsucht – programmiert durch Design

Spiele setzen gezielt auf:

• tägliche Aufgaben

• „Streaks“ (Belohnungen für tägliches Einloggen)

• künstliche Verknappung („Nur heute verfügbar!“)

Das erzeugt emotionale Abhängigkeit – ein Design, das aus dem Glücksspiel stammt.

Schätzungen:

• 8,8 % aller Jugendlichen zeigen suchtähnliches Verhalten

• bei Jungen sind es sogar über 15 %

Was du tun kannst: Schau dir Spiele gemeinsam mit deinem Kind an, sprich über die Mechanismen dahinter. Achte auf Warnsignale wie Reizbarkeit, Schlafmangel oder heimliches Spielen.

3. Finanzielle Ausbeutung

Virtuelle Outfits, Skins, VIP-Pässe – viele Kinder geben Geld aus, ohne es zu verstehen. Manche Spiele nutzen gezielt unklare Preismodelle.

Beispiel: In Roblox-Spielen wie „Dress to Impress“ kostet fast alles – ohne vorher zu zeigen, wie viel. Oft werden Kinder mit virtuellen Währungen gelockt, die echtes Geld kosten.

90 % des Umsatzes kommt von nur 1,5 % der Nutzer*innen – ein Prinzip direkt aus der Glücksspielwelt.

Was du tun kannst: Keine Zahlungsinfos dauerhaft hinterlegen. Käufe mit Kindern besprechen. Ggf. ein monatliches Budget vereinbaren.

4. Glücksspielmechaniken – auch für Kinder

Ob Lootboxen, Drehräder oder Überraschungspakete – viele Spiele enthalten Mechaniken, die stark an Glücksspiel erinnern. Und das, obwohl sie ab 0 oder 6 Jahren freigegeben sind.

Beispiel: In FIFA Ultimate Team können Spielende sogenannte „Packs“ kaufen. Darin befinden sich zufällig zusammengestellte Fußballkarten. Wer eine besonders starke Karte (z. B. Messi oder Mbappé) ziehen will, braucht vor allem eins: Glück – oder sehr viel Geld.

Gerade Kinder geben dafür regelmäßig echtes Geld aus, ohne zu verstehen, wie gering die Gewinnwahrscheinlichkeit ist.

Was du tun kannst: Mach deinem Kind den Unterschied zwischen Belohnung und Glücksspiel deutlich. Vermeide Spiele mit solchen Zufallsmechaniken – oder begleite sie aktiv und kritisch.

5. Kontakt zu Fremden – auch zu Tätern

Offene Chats, Avatare, Freundschaftsanfragen – in vielen Spielen können Kinder direkt mit Fremden kommunizieren. Das macht sie anfällig für Belästigung, Grooming und Erpressung.

Zahlenbeispiel: Roblox meldete 2023 über 13.000 dokumentierte Missbrauchsfälle auf der Plattform – die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein.

Was du tun kannst: Deaktiviere Chatfunktionen, wo möglich. Sprich mit deinem Kind darüber, was zu tun ist, wenn fremde Personen Kontakt aufnehmen oder unangenehme Nachrichten schicken. Schaffe Vertrauen – dein Kind soll wissen: „Ich kann mit allem zu dir kommen.“

6. Verstörende Inhalte – ohne Schutzfilter

Viele Plattformen setzen auf nutzergenerierte Inhalte. Was harmlos klingt, birgt große Risiken – denn kaum etwas wird wirklich überprüft.

Auf Plattformen wie Roblox wurden u. a. gefunden:

• Nazi-Rollenspiele

• sexuelle Übergriffe

• Gewaltfantasien

• terroristische Propaganda

Roblox hat im Schnitt weniger als einen Moderator pro 100.000 Nutzer*innen – bei vielen Milliarden-Inhalten ist das ein massives Sicherheitsproblem.

Was du tun kannst: Teste neue Spiele gemeinsam. Nutze Whitelists oder sichere Alternativen wie Toggo, Kindersache oder die App-Empfehlungen von Schau hin!.

7. Zusammenhang mit Depression

Leichte Nutzung ist oft unproblematisch. Aber ab 2–3 Stunden täglichem Spielen steigt laut Studien das Risiko für depressive Symptome – besonders bei Jungen, die viel allein spielen.

Was du tun kannst: Achte auf Warnzeichen wie Rückzug, Stimmungsschwankungen oder Schlafprobleme. Unterstütze dein Kind bei der Suche nach Ausgleich: Sport, Freunde, kreative Hobbys.

8. Schlafprobleme und Konzentrationsverlust

Viele Kinder spielen abends – oft bis weit nach der empfohlenen Schlafenszeit. Die Folgen:

• Schlafmangel

• Konzentrationsprobleme in der Schule

• Gereiztheit und Überforderung

Laut Studien sagen:

• fast die Hälfte der Jungen: Gaming stört meinen Schlaf

• mehr als ein Fünftel: Es beeinflusst meine schulische Leistung negativ

Was du tun kannst: Feste Offline-Zeiten einführen (z. B. keine Geräte nach 20 Uhr). Geräte aus dem Schlafzimmer verbannen. Am besten: Rituale etablieren, die beim Abschalten helfen.

Was jetzt? – 5 Tipps für Eltern

✔ Smartphones möglichst erst ab 14 Jahren

✔ Keine Geräte im Kinderzimmer – vor allem nicht nachts

✔ Spiele selbst ausprobieren oder gemeinsam testen

✔ Lieber Einmalkauf als „kostenlos“ mit In-App-Käufen

✔ Mit anderen Eltern absprechen – gemeinsam ist es leichter, Regeln durchzusetzen


Fazit: Wissen ist Schutz

Viele moderne Games sind keine harmlosen Zeitvertreibe mehr – sondern komplexe Geschäftsmodelle, die auf Dauernutzung, Abhängigkeit und Zahlung ausgelegt sind.
Wir Eltern müssen heute genauer hinsehen, verstehen, was dahintersteckt – und unsere Kinder begleiten, statt einfach laufen zu lassen.

Denn: Was wir im echten Leben nie erlauben würden, sollte auch digital nicht einfach so passieren.

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