Einstellungen für Jugendschutz bei Plattformen und Apps
Kinder wachsen in einer Welt auf, die digital und grenzenlos scheint – aber eben nicht sicher. Plattformen wie TikTok, Instagram, Roblox oder Snapchat bestimmen den Alltag vieler Kinder. Messenger wie WhatsApp oder Telegram sind Standard, obwohl sie laut AGBs erst ab 13 Jahren erlaubt sind.
Doch wer glaubt, Jugendschutz-Einstellungen würden ausreichen, täuscht sich. Viele Anbieter ignorieren gesetzliche Vorgaben oder setzen sie nur halbherzig um – auf Kosten unserer Kinder.
Bild generiert mit Hilfe von KI (ChatGPT/DALL·E, OpenAI)
Warum Jugendschutz-Einstellungen nicht ausreichen
Viele Apps werben mit „Sicherheitsoptionen“ oder „Kindermodi“. Das klingt beruhigend – ist es aber nicht. Vorsicht: Viele dieser Funktionen haben keine echte Schutzwirkung. Sie sind eher Alibis, um Eltern ein gutes Gefühl zu geben, ohne tatsächlich etwas zu verändern.
Bei TikTok tauchen trotz Filter sexualisierte Inhalte und Kriegsverbrechen auf. Instagram zeigt Gewaltdarstellungen und gefährliche „Challenges“. Und in Spielen wie Roblox oder Fortnite findet offener Chatverkehr mit Fremden statt – abgesehen davon, dass es dort massenhaft sexualisierte, rassistische und gewaltverherrlichende Inhalte gibt, die über Spiele, Avatare oder Rollenspiele verbreitet werden.
Diese Systeme sind nicht zufällig lückenhaft – sie sind so gewollt. Plattformen verdienen an Aufmerksamkeit, Interaktion und Daten. Je länger Kinder scrollen, desto mehr verdienen die Anbieter. Echte Schutzmechanismen würden diese Dynamik bremsen – und bleiben deshalb halbherzig umgesetzt.
Gesetzlich ist vieles klar – umgesetzt wird es kaum
Das Jugendschutzgesetz verpflichtet digitale Dienste zu sicheren Voreinstellungen, Alterskontrollen und leicht zugänglichen Hilfefunktionen. Doch in der Praxis kontrolliert das kaum jemand.
Plattformen dürfen sich in vielen Fällen selbst „prüfen“ und deklarieren ihre Apps als jugendsicher – ohne echte Kontrolle durch Behörden. Verstöße bleiben folgenlos. Damit liegt die Verantwortung am Ende bei uns Eltern.
Das Mindeste, was man als Eltern tun muss
Auch wenn der gesetzliche Schutz versagt – Eltern können selbst viel tun.
Diese Schritte sollten das Minimum sein:
Profile richtig anlegen:
Geburtsdaten korrekt eintragen, keine falschen Altersangaben. Sonst greifen Filter gar nicht. Viele Kinder tragen sich absichtlich älter ein, um Funktionen freizuschalten – das öffnet Türen zu Inhalten, die sie überfordern.Kommunikation begrenzen:
In allen Apps festlegen, wer Kontakt aufnehmen darf – am besten nur Freund:innen.
Bei TikTok, Snapchat und Instagram: private Konten, keine öffentlichen Kommentare oder Nachrichten.TikTok Familienoptionen: https://www.tiktok.com/safety
Instagram Hilfe: https://help.instagram.com
Snapchat Safety: https://help.snapchat.com
Zeitlimits aktivieren:
Bildschirmzeit (iOS) oder Digital Wellbeing (Android) sind Pflicht. Sie helfen, tägliche Nutzung zu begrenzen und Schlafenszeiten zu schützen.Apple Bildschirmzeit: https://support.apple.com/de-de/HT208982
Android Digital Wellbeing: https://wellbeing.google
Systemweite Familienfunktionen nutzen:
Kein Ersatz für Gespräche, aber ein wichtiger Rahmen.Google Family Link: https://families.google.com/familylink/
Microsoft Family Safety: https://www.microsoft.com/family-safety
Apple Kinderschutz & Familienfreigabe: https://support.apple.com/de-de/HT201304
Regelmäßig prüfen:
Plattformen ändern Funktionen ständig. Alte Schutzoptionen verschwinden, neue Lücken entstehen. Alle paar Wochen gemeinsam checken.Keine Kinderfotos in Social Media posten – gar nicht:
Gerade in Zeiten von KI entstehen aus harmlosen Bildern in kürzester Zeit Deepfakes oder sexualisierte Montagen. Kein Futter bieten! In vielen Fällen erlauben AGB die Auswertung/Weiterverwendung von Inhalten – oft inklusive Nutzung zum Training eigener KI-Modelle oder kommerzielle Verwendungen wie die erstellung von Werbegrafiken, sofern man dem nicht ausdrücklich widerspricht.
Messenger: Gruppen, Bilder, Daten – die unterschätzte Gefahr
Was viele Eltern nicht wissen: Auch Messenger-Apps sind kein geschützter Raum.
Gruppen betreffen alle Messenger – nicht nur WhatsApp, Signal und co. Besonders Telegram und Discord sind berüchtigt für problematische Inhalte; viele Eltern kennen Discord gar nicht. Gamechats sind ebenfalls Gruppen: darauf achten, dass Fremde nicht schreiben können oder Chats deaktiviert sind.
Gruppen besser ganz vermeiden:
Viele Eltern setzen das inzwischen konsequent um und sprechen mit ihren Kinder, dass diese Gruppeneinladungen gar nicht erst annehmen. Gruppenchats führen schnell zu Mobbing, Ausgrenzung oder Drucksituationen – besonders in Schulklassen. Wenn Kommunikation nötig ist: Einzelnachrichten oder moderierte Elternchats.Kein echtes Profilbild:
Keine klar erkennbaren Kinderfotos. Fremde können so leicht erkennen, dass es Kinderprofile sind, die Bilder speichern, weiterverwenden oder über Gesichtserkennung verknüpfen. Ein Symbol, Tierfoto oder Fantasiebild ist sicherer.Keine Fotos senden – auch nicht an Verwandte:
In vielen Fällen erlaubt man dem Anbieter mit dem Teilen umfangreiche Nutzungsrechte (Speichern, Auswerten, ggf. Werbezwecke/KI-Training).
Großeltern schätzen das Risiko oft null ein – nicht aus bösem Willen, sondern aus Arglosigkeit gegenüber neuer Technik. Familienregeln klären. (Zum Thema „Kinderfotos versenden“ folgt ein eigener Artikel, der später hier verlinkt wird)„Keine Weiterleitung“ reicht nicht:
Weiterleitungs-Sperren helfen nicht gegen Screenshots oder das Abfotografieren des Bildschirms.
Nützliche Ressourcen:
klicksafe: https://www.klicksafe.de
saferinternet.at: https://www.saferinternet.at
FSM: https://www.fsm.de
fragFINN: https://www.fragfinn.de
BzKJ: https://www.bzkj.de
Wie alt muss man für welche App sein?
Plattform / App | Mindestalter laut AGB | Besonderheiten |
---|---|---|
13 Jahre | In der EU teils strengere Auslegung möglich; Verantwortung meist bei Eltern. | |
13 Jahre | Unter 13 offiziell nicht zugelassen; keine echte Altersprüfung. | |
TikTok | 13 Jahre | Unter 16 sind Funktionen eingeschränkt (z. B. Direktnachrichten). |
Snapchat | 13 Jahre | Inhalte verschwinden; Kontrolle für Eltern besonders schwer. |
Discord | 13 Jahre | Viele Server enthalten Inhalte, die erst ab 18 geeignet sind. |
YouTube | 13 Jahre | Für Jüngere nur über YouTube Kids empfohlen. |
13 Jahre | Für Kinder praktisch kaum relevant, aber offiziell erlaubt. | |
Roblox / Fortnite | 13 Jahre | Offene Chats; Einstellungen aktiv anpassen (Fremdkontakte blockieren). |
Telegram / Signal / Threema | ab 16 (empfohlen) | Telegram ohne echte Altersprüfung; schwächerer Datenschutz. |
👉 Fazit: Fast alle großen Plattformen sind ab 13 Jahren erlaubt. Für Kinder unter 13 ist die Nutzung laut AGB grundsätzlich nicht gestattet – auch wenn das selten konsequent geprüft wird.
Warum Technik allein nicht schützt
Filter, Kindermodi und Altersgrenzen helfen – aber sie verhindern keine Gruppendynamiken, keine emotionalen Verletzungen, kein Mobbing. Kinder entscheiden sich so gut wie nie bewusst für „böse Inhalte“ – im Gegenteil, die Inhalte finden sie. Über Airdrop, Messenger, Gamechats oder algorithmische Empfehlungen werden ihnen Videos, Fakes und sexualisierte Darstellungen zugespielt – ob sie wollen oder nicht.
Deshalb ist Aufklärung entscheidend: Kinder müssen wissen, was passieren kann, und dass sie immer zu uns kommen dürfen, wenn ihnen etwas Angst macht oder unangenehm ist. Ohne Angst vor Strafe.
Fazit
Jugendschutz-Einstellungen sind kein Schutzschild, sondern höchstens ein Werkzeug. Viele Plattformen verschleiern Datenpraktiken, trainieren in ihren AGBs in vielen Fällen KI-Modelle mit Nutzerinhalten und machen Eltern das Leben unnötig schwer.
Die Verantwortung, Kinder wirklich zu schützen, liegt bei uns – durch Wissen, klare Regeln und bewussten Verzicht. Ein sicherer Start ins digitale Leben bedeutet: lieber weniger Freiheiten, dafür mehr Bewusstsein. Kein echtes Profilbild, keine Fotos, keine Gruppen – das ist kein Misstrauen, sondern Fürsorge.