Kinderschutz: Warum Browser die größte Sicherheitslücke sind
Viele Eltern sperren Apps auf dem Handy oder Tablet, damit ihre Kinder geschützt sind. Doch was viele nicht wissen: dieselben Inhalte sind oft ganz ohne App über den Browser erreichbar. Und dort greift keine Kontrolle.
Bei uns kommen solche Links meist über den Schulhof oder den Verein. Kinder mit Einschränkungen auf dem Handy öffnen dann einfach den Browser, tippen die Adresse ein und umgehen so jede Sperre.
Bild generiert mit Hilfe von KI (ChatGPT/DALL·E, OpenAI)
Spiele ohne App aber mit allen Risiken
Seiten wie Spiele123, Poki, Diep io oder 1001Spiele sehen bunt und harmlos aus. Kinder können dort kostenlos spielen, ganz ohne App. Doch viele dieser Seiten zeigen Werbung, haben Chats oder führen zu anderen Seiten weiter, die nichts für Kinder sind. Manche Seiten leiten sogar zu Sexseiten, Spielcasinos oder anderen gefährlichen Orten.
Hier gibt es gar keine Kontrolle, nicht einmal die kleine Prüfung, die App Stores machen. Deshalb finden sich dort viele Spiele, die nie in einen App Store kommen würden, weil sie den Jugendschutz überhaupt nicht beachten.
Melon Playground als Beispiel
Melon Playground ist ein Beispiel für ein Spiel, das nur Quälen und Töten zum Ziel hat. Man erschafft sich immer neue Melonen-Menschen, die aussehen wie Menschen nur mit Melonenhaut, und tötet sie auf vielfache Weise. Mit Waffen, Säure, Sägen oder Gegenständen aus der Umgebung. Man trennt Körperteile ab und das Blut spritzt. Einen Sinn gibt es nicht. Nur foltern und töten. Kein Spiel, das Kinder spielen sollten.
Unblocked Seiten: So umgehen Kinder Schulfilter und Sperren
Viele Schulen sperren Spieleseiten im WLAN. Doch im Internet tauchen immer wieder sogenannte unblocked Seiten auf. Das sind Kopien bekannter Spieleseiten, die auf einer neuen Internetadresse liegen, zum Beispiel poki unblocked oder schoolgames free.
Diese Seiten werden von den Filtern der Schule oder von der Kindersicherung oft nicht erkannt. Kinder teilen dann Links über Chats oder im Unterricht und können so trotzdem spielen.
Manchmal werden solche Seiten sogar auf Schulrechnern geöffnet, wenn dort kein Schutz aktiv ist. So verbreiten sich die Links schnell weiter. Wenn ihr Begriffe wie unblocked games, school unblocked oder unblock games im Verlauf seht, solltet ihr diese Seiten sperren. Sie sind fast nie offiziell und führen häufig zu Werbung, Schadsoftware oder Gewaltspielen.
Wie diese Seiten Geld verdienen und warum das gefährlich ist
Viele dieser Portale verdienen Geld bei jedem Besuch. Das erklärt auch, warum sie so aggressiv aufgebaut sind. Das Geschäftsmodell ist simpel und leider für Kinder schädlich.
Sie verdienen mit Werbung. Je mehr Anzeigen gezeigt werden desto mehr Geld bekommen die Betreiber. Deshalb setzen sie auf unendliche Werbung, Pop ups und Weiterleitungen.
Sie verdienen mit Klicks. Buttons heißen oft weiter spielen oder ok statt Werbung schließen und tricksen so, dass Kinder statt Werbung zu schließen immer weiterklicken. Das sind sogenannte dark patterns.
Sie verdienen mit langer Verweildauer. Die Seiten wollen, dass Kinder möglichst lange bleiben. Dazu nutzen sie Belohnungsmechaniken wie zufällige Gewinne oder ständig neue Reize. Das erzeugt Sucht und schlechte Gewohnheiten.
Sie verdienen mit Weiterleitungen. Hinter vielen Anzeigen stecken Partnerlinks zu Glücksspiel oder zu kostenpflichtigen Angeboten. Kinder landen ohne es zu merken auf Seiten, die echtes Geld kosten oder belastende Inhalte zeigen.
Kurz gesagt: Diese Seiten richten sich nicht an Kinderwohl. Sie zielen auf Aufmerksamkeit und Klicks ungeachtet davon, wie verstörend oder gefährlich der Inhalt ist.
Was sind Dark Patterns und wie erkennt ihr sie
Viele Seiten und Spiele im Internet arbeiten mit sogenannten Dark Patterns. Das bedeutet übersetzt „dunkle Tricks“. Gemeint sind Methoden, mit denen Menschen absichtlich in eine Richtung gelenkt werden – meist zum Klicken, Kaufen oder Weitermachen.
Diese Tricks sind so gemacht, dass Kinder sie kaum erkennen können. Sie sehen aus wie harmlose Spielfunktionen, sind aber reine Täuschung. Ziel ist immer, dass Nutzer länger bleiben, mehr Werbung sehen oder auf etwas klicken, das Geld bringt.
So erkennt ihr Dark Patterns:
Falsche Buttons: Auf dem Bildschirm steht „weiter spielen“, „ok“ oder „start“. In Wahrheit öffnet sich Werbung oder eine andere Seite.
Gefälschte Gewinne: Es erscheint eine Meldung wie „du hast gewonnen“. Klickt man darauf, soll man persönliche Daten eingeben oder eine andere Seite öffnen.
Künstlicher Zeitdruck: Ein Countdown läuft ab, etwa „noch 5 Sekunden bis zum Spiel“, obwohl das gar nicht stimmt. So wird Druck aufgebaut, damit Kinder schnell klicken.
Versteckte Kosten: Erst sieht alles kostenlos aus. Nach einigen Klicks oder nach einer Anmeldung tauchen plötzlich Bezahloptionen oder In-App Käufe auf.
Verwirrende Gestaltung: Der Button zum Schließen ist winzig oder kaum lesbar, während der zum Weitermachen groß und bunt ist.
Wenn ihr solche Dinge seht, schließt die Seite sofort und sprecht mit euren Kindern darüber. Erklärt ihnen, dass diese Tricks absichtlich so gebaut sind, damit sie länger bleiben oder Dinge anklicken, die sie gar nicht wollen.
Wie Kinder die Sperren umgehen
Kinder erzählen sich, welche Seiten gerade beliebt sind, und öffnen sie einfach im Browser. Dafür braucht man keine App und keine Anmeldung. So lassen sich fast alle technischen Sperren leicht umgehen.
20 Browserseiten, die Eltern kennen und besser sperren sollten
poki.com – riesiges Spieleportal mit tausenden Games, teils Werbung und Gewaltinhalte.
crazygames.com – ähnlich wie Poki, viele gewaltorientierte .io-Spiele, kein Jugendschutz.
y8.com – alte Flash-Plattform, heute HTML5, aber mit vielen Spielen ohne Altersprüfung.
1001spiele.de – deutsche Seite mit vielen kleinen Spielen und viel Werbung.
spiele123.com – unkontrolliertes Sammelportal mit Werbung und teils ungeeigneten Spielen.
miniclip.com – bekanntes Spieleportal, heute mit vielen Multiplayer-Titeln und Werbung.
addictinggames.com – englischsprachig, oft mit Gewalt oder Horror-Inhalten.
armor-games.com – ältere Plattform, viele Kampf- und Schießspiele.
newgrounds.com – gemischte Plattform mit Spielen, Animationen und Erwachsenen-Inhalten.
kongregate.com – beliebtes Browsergame-Portal mit Community, Werbung und Chats.
coolmathgames.com – klingt harmlos, ist aber kein Lernportal, sondern voller Spiele und Werbung.
agame.com – ähnelt Poki, ebenfalls ohne echte Kontrolle.
kizi.com – Kinderfreundlich dargestellt, enthält aber viele aggressive Werbeformen.
miniplay.com – Portal mit Casual Games, In-Game Werbung und teils Gewalt.
notdoppler.com – bekannt für physikbasierte Gewaltspiele.
friv.com – bunt, aber ohne Jugendschutz. Viele Spiele mit Gewalt und Werbung.
silvergames.com – viele Simulationen und Kriegsspiele, kein Altersfilter.
play-games.com – diverse .io- und Actionspiele, teilweise blutig.
unblocked-games.sites (z. B. unblocked-games77.com, unblocked-games66.com, unblocked-games-world.com) – umgehen Schulfilter, gefährlich, oft mit Malware.
melonplayground.com oder ähnliche Browser-Clones – gewaltorientierte Sandbox-Spiele, absolut nicht für Kinder geeignet.
Warum ihr diese Seiten sperren solltet
Keine Alterskontrolle oder Schutzmechanismen
Extrem viele Werbeanzeigen, oft mit falschen Buttons und dunklen Tricks (Dark Patterns)
Manche Seiten leiten weiter zu Sex-, Glücksspiel- oder Bezahlangeboten
Viele sammeln Nutzerdaten ohne Zustimmung
Einige sind Nachahmer-Domains, die bekannte Spiele kopieren, um Klicks zu bekommen
Betreiber verdienen an jedem Seitenaufruf, egal was Kinder dort sehen
Kontrolle über Bildschirmzeit und Family Link
Bei Apple Geräten könnt ihr unter Einstellungen > Bildschirmzeit > Inhalt und Datenschutz > Webinhalt Seiten sperren oder nur bestimmte erlauben. Auch private Fenster solltet ihr deaktivieren.
Bei Android Geräten geht das über Google Family Link > Einstellungen > Chrome > Websites filtern. Dort könnt ihr Seiten blockieren oder nur eine kleine Liste erlauben.
Wir schauen selbst regelmäßig über Apple Bildschirmzeit, welche Seiten besucht wurden, und sperren diese nachträglich. Das ist einfach und zeigt auch, welche neuen Tricks Kinder gerade durch Gruppen und auf Schulhöfen verbreitet werden.
Filter im WLAN oder Router aktivieren
Viele Schutzmaßnahmen wirken nur auf dem Gerät. Besser ist es, den Filter direkt im Router zu aktivieren. Dienste wie OpenDNS FamilyShield oder CleanBrowsing blocken bekannte Porno, Glücksspiel und Gewaltseiten automatisch für alle Geräte im Haus. Das ist technisch ein wenig anspruchsvoller, aber sehr wirksam.
Sprecht auch mit der Schule
Weil viele Links über die Schule verbreitet werden, hilft ein Gespräch. Lehrkräfte wissen oft nicht, welche Seiten die Kinder dort austauschen. Wenn man gemeinsam einfache Regeln festlegt, lässt sich viel erreichen. Zum Beispiel keine Spielelinks in Klassenchats und mehr Kontrolle an Schulrechnern.
Checkliste für Eltern
Verlauf prüfen und verdächtige Seiten sperren
Private Fenster ausschalten
Alternative Browser blocken
Router oder DNS Filter aktivieren
Schule und Verein informieren, falls dort solche Seiten auftauchen
Mit Kindern über Inhalte sprechen