Mit dem Handy ins Bett – was nachts im Kinderzimmer passiert
Wir alle kennen das: Das Kind sagt „Gute Nacht“ – und wenig später leuchtet es noch unter der Bettdecke. Ein kurzer Blick auf TikTok, eine letzte Nachricht in der Klassengruppe oder ein Video auf YouTube. Für uns Eltern wirkt das vielleicht harmlos. Doch immer mehr Erfahrungen und Studien zeigen: Das Handy im Bett ist ein echtes Problem für Kinder – und am Ende auch für uns als Familien.
Bild generiert mit Hilfe von KI (ChatGPT/DALL·E, OpenAI)
Warum Kinder nachts am Handy hängen
Viele Kinder und Jugendliche berichten, dass sie abends einfach nicht „offline“ gehen können. Chats, Spiele und Social Media hören nicht auf, nur weil das Licht aus ist. Was als kleine Ablenkung beginnt, wird schnell zur nächtlichen Dauerbeschäftigung.
Klassenchats ohne Pause: In vielen Gruppen hört es nachts nicht auf zu piepen. Der Autor und Digitaltrainer Daniel Wolff beschreibt in seinem Buch Allein mit dem Handy (2024), dass Kinder in der 5./6. Klasse von 200 bis 2000 Nachrichten pro Nacht erzählen – und in der 7./8. Klasse sogar von noch mehr. Erst später beruhigt sich das etwas.
Social Media statt Schlaf: Jungs hängen nachts oft beim Zocken, Mädchen eher auf TikTok, Instagram oder Snapchat. Am Ende macht es aber keinen Unterschied – beide sind betroffen.
Angst, etwas zu verpassen: Wer nicht sofort reagiert, ist „out“. Viele Kinder fühlen sich verpflichtet, immer dabei zu sein.
Endlos-Scrollen: TikTok, Reels und Shorts sind so gemacht, dass es schwerfällt, aufzuhören.
Manche machen die Nacht durch: Es gibt Kinder, die wirklich bis zum Morgen am Handy bleiben – mit allen Folgen am nächsten Tag: müde, gereizt, unkonzentriert.
Was das mit unseren Kindern macht
Fehlt der Schlaf, fehlt die Energie – und das spüren wir im Alltag sehr schnell. Studien zeigen klar, dass zu wenig Schlaf nicht nur die Laune, sondern auch die geistige Entwicklung beeinträchtigt.
Schlafprobleme: Drei von vier Jugendlichen nehmen ihr Handy mit ins Bett (ResearchGate, 2022). Wer es dort nutzt, hat ein um 60 % höheres Risiko für Schlaflosigkeit (Deutschlandfunk, 2022).
Weniger Schlaf = weniger Energie: Kinder, die regelmäßig weniger als 9 Stunden schlafen, schneiden schlechter in Gedächtnis, Konzentration und Intelligenztests ab (University of Maryland, 2022).
Viele kämpfen mit Einschlafproblemen: Schon 17 % der 11- bis 13-Jährigen haben Schwierigkeiten beim Einschlafen, 7,8 % beim Durchschlafen (Barmer, 2023).
Unruhe am Morgen: Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Gereiztheit – oft steckt einfach zu wenig Schlaf dahinter.
Was wir als Eltern tun können
Natürlich gibt es kein Patentrezept – jede Familie muss ihren eigenen Weg finden. Aber es gibt einige erprobte Maßnahmen, die helfen können, den abendlichen Handy-Stress zu entschärfen.
Handyfreie Nächte: Am wichtigsten ist: Das Handy gehört nicht ins Kinderzimmer. Am besten wird es abends gemeinsam im Wohnzimmer oder in der Küche geladen.
Technische Hilfen nutzen: Wenn es mit Absprachen nicht klappt, können Sperren helfen. In iOS und Android lässt sich einstellen, dass das Handy ab einer Uhrzeit automatisch blockiert.
Rituale statt Bildschirm: Vorlesen, Hörspiele oder ruhige Musik sind gute Alternativen. Aber Achtung: Immer mehr Kinder berichten, dass sie nur noch mit YouTube, Podcast oder Hörbuch einschlafen können. Einschlafen mit Technik ist keine gesunde Gewohnheit – besser, wenn Kinder lernen, auch ohne Hilfe zur Ruhe zu kommen.
Vorbild sein: Auch wir Eltern sollten zeigen, dass das Handy abends nicht ins Schlafzimmer muss.
Gemeinsam Regeln entwickeln: Kein Kind akzeptiert gerne Verbote „von oben“. Besser ist es, gemeinsam zu besprechen, warum Schlaf wichtig ist – und Regeln als Familie festzulegen.
Fazit:
Ob 200 oder 2000 Nachrichten – die Menge zeigt, dass das Handy im Bett keine Kleinigkeit ist. Es stört den Schlaf, macht Kinder unruhig und überfordert sie. Wir als Eltern können viel tun, wenn wir klare Strukturen schaffen und selbst mit gutem Beispiel vorangehen.
Buchtipp: Allein mit dem Handy (2024) von Autor Daniel Wolff
Daniel Wolff ist Autor und Digitaltrainer an Schulen. Seit 2017 berät er Lehrkräfte, Eltern und Kinder rund um die Themen Mediennutzung, Smartphones und digitale Bildung. In seinem Buch Allein mit dem Handy (2024) schildert er eindrücklich, wie massiv Smartphones den Alltag von Kindern prägen – bis hin zu nächtlichen Chatfluten von mehreren tausend Nachrichten.