„Beichtstühle“ auf Instagram - Mobbing von Mitschülern & Lehrern

Auf Instagram tauchen seit einigen Jahren immer wieder sogenannte „Beichtstühle“ auf – anonyme Accounts, die Kindern und Jugendlichen versprechen: „Schick uns deine Beichte, wir posten sie für dich.“ Was zunächst nach harmlosen Schulwitzen klingt, entwickelt sich schnell zu einem Ort für Mobbing, Gerüchte und öffentliche Bloßstellungen – oft mit gravierenden Folgen für Betroffene.

Junge schaut besorgt auf sein Handy

Bild generiert mit Hilfe von KI (ChatGPT/DALL·E, OpenAI)

Wie funktionieren „Beichtstühle“?

  • Schüler*innen richten einen Instagram-Account ein, der den Namen der Schule oder Klasse trägt, zum Beispiel „beichtstuhl.gymnasiumxyz“.

  • Über Direct Messages oder anonyme Formulare können Mitschüler*innen „Beichten“ einschicken.

  • Die Admins posten diese Texte dann ungefiltert oder nur leicht gekürzt – für alle Follower sichtbar.

Die Beiträge reichen von Witzen und harmlosen Geständnissen („Ich hab bei der Mathearbeit geschummelt“) bis hin zu harten Angriffen auf Mitschüler*innen oder Lehrkräfte („Frau X stinkt“, „Y ist hässlich“, „Z ist peinlich“).

Zählmarke

Warum sind sie so beliebt?

  • Anonymität: Jugendliche können schreiben, ohne dass ihr Name auftaucht.

  • Aufmerksamkeit: Besonders fiese Beichten bekommen viele Likes und Kommentare.

  • Gruppendruck: Wer nicht mitmacht, gilt schnell als Außenseiter.

  • Unterhaltung: Für manche ist es einfach „lustig“, über andere zu lachen.

Das Problem: Der Übergang von Spaß zu ernsthaftem Mobbing ist fließend – und die Hemmschwelle im Schutz der Anonymität sinkt stark.

Reale Fälle

Das Phänomen ist kein Einzelfall. Immer wieder berichten Medien und Betroffene von Schul-Beichtstühlen:

  • Lokale Accounts: An vielen Schulen existieren Instagram-Profile wie beichtstuhl.annenschule. Dort werden täglich anonyme Einsendungen veröffentlicht – häufig über Mitschülerinnen oder Lehrerinnen.

  • Großer Skandal um „Dein Beichtstuhl“: Ein reichweitenstarker Instagram-Account mit Millionen Followern geriet in die Schlagzeilen, weil er mit pornografischen Inhalten und Drohungen in Verbindung gebracht wurde (OMR-Bericht).

  • Konkrete Folgen: In einem dokumentierten Fall waren fast 1.000 Schüler*innen betroffen, es wurden Fotos ins Netz gestellt, und schließlich folgten zwölf Anzeigen (Instagram-Reel, Fallbericht).

Diese Beispiele zeigen: „Beichtstühle“ sind weit mehr als ein harmloser Trend – sie können Schulklima, Freundschaften und Karrieren zerstören.

Die Folgen für Betroffene

  • Psychische Belastung: Wer Zielscheibe wird, fühlt sich hilflos, bloßgestellt und oft dauerhaft verletzt.

  • Schulklima: Das Vertrauen zwischen Schüler*innen, aber auch zu Lehrkräften, kann massiv leiden.

  • Rechtliche Konsequenzen: Beleidigungen, Diffamierungen oder falsche Behauptungen sind keine „harmlosen Späße“, sondern können strafbar sein.

Juristische Einordnung

Viele Inhalte in Beichtstühlen bewegen sich nicht mehr im Bereich „Spaß“, sondern verletzen Gesetze:

  • Beleidigung (§ 185 StGB): „Frau X stinkt“ oder „Y ist hässlich“ sind klassische Beleidigungen.

  • Üble Nachrede (§ 186 StGB) & Verleumdung (§ 187 StGB): Wenn falsche Behauptungen über Mitschüler*innen oder Lehrkräfte verbreitet werden.

  • Recht am eigenen Bild (KunstUrhG): Fotos oder Screenshots ohne Einwilligung sind rechtswidrig.

  • Zivilrechtlicher Schutz (§ 823, § 1004 BGB): Betroffene können Unterlassung und Schadensersatz verlangen.

  • Schulrecht: Schulen haben eine Fürsorgepflicht. Accounts, die das Klima zerstören, können Konsequenzen nach sich ziehen (Gespräche, Ordnungsmaßnahmen).

Grenzen und Hürden

  • Anonymität: Viele Täter bleiben unerkannt. Instagram ist zwar verpflichtet, auf Anzeige hin Daten herauszugeben – doch der Weg ist mühsam.

  • Abwägung mit Meinungsfreiheit: Kritik darf geäußert werden, Schmähungen nicht. Die Grenze ist oft schwer zu ziehen.

  • Jugendliche Täter: Unter 14 sind Kinder strafunmündig, dennoch können zivilrechtliche Folgen drohen.

Was Eltern tun können

  • Frühzeitig ins Gespräch gehen: Kindern klarmachen, dass anonymes Bloßstellen echte Menschen verletzt.

  • Nachfragen: Gibt es an der Schule einen Beichtstuhl? Wie geht das Kind damit um?

  • Screenshots sichern: Bei Angriffen Beweise festhalten.

  • Schule einbeziehen: Klassenlehrkraft oder Schulleitung informieren.

  • Rechtliche Schritte erwägen: Bei schweren Fällen Anzeige erstatten. Instagram muss strafbare Inhalte entfernen.

Weiterführende Quellen

Fazit

„Beichtstühle“ auf Instagram wirken harmlos, sind aber in Wahrheit digitale Pranger, die Mobbing fördern und ganze Schulgemeinschaften vergiften können.
Eltern, Lehrkräfte und Schüler*innen sollten gemeinsam klare Grenzen ziehen – und deutlich machen: Anonymes Bloßstellen ist kein Spaß, sondern verletzt.

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